Keine Zeit für Utopien? Perspektiven der Lebensformenpolitik im Recht
Bettina Bannwart, Michelle Cottier, Cheyenne Durrer, Anne Kühler, Zita Küng, Annina Vogler (Hrsg.), Dike Verlag, Zürich/St. Gallen 2013
Tagungsband der Konferenz für Gender Law 2013
Keine Zeit für Utopien? Diese Frage drängt sich angesichts der in unserer Rechtsordnung implizierten Lebensformenpolitik auf. Denn nach wie vor wird der Vielfalt der Beziehungs-, Familien- und Lebensformen im Recht nicht genügend Rechnung getragen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen führen nicht selten zu einer Prekarisierung der Lage der betroffenen Kinder und Erwachsenen, zu Benachteiligungen oder jedenfalls zu begründungsbedürftigen Einschränkungen ihrer Wahlmöglichkeiten. Die rechtliche Anerkennung und die Gleichberechtigung der verschiedenen Lebensformen erscheinen bislang als utopisch. Gleichzeitig bleibt die Diskussion oftmals bei der Feststellung dieser Defizite des Rechts stehen und über Visionen und Utopien wird wenig nachgedacht. Der Band befasst sich sowohl aus grundlegend-theoretischer als auch praxisorientierter Sichtweise mit der Lebensformenpolitik im Recht. Anlass zur Diskussion sind die rechtlichen Bedingungen für Alleinerziehende und ihre Kinder, für die gleichgeschlechtliche Partner- und Elternschaft, für queere Lebens- und Familienformen sowie für Menschen in der Migration. WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen aus unterschiedlichen Fachbereichen der Rechtswissenschaften, der Gender Studies, der Geschichtswissenschaften, der Ökonomie, der Soziologie und der Art Education analysieren, welche Lebensformenpolitik zurzeit mit dem Recht gemacht wird, und präsentieren ihre eigenen – zum Teil utopischen – Entwürfe zu diesem Thema. Über eine Bestandesaufnahme der geltenden Rechtslage hinaus öffnen sie den Blick für neue Strategien und Lösungsansätze, um Diskriminierungen und Marginalisierungen zu überwinden. Sie setzen damit auch Impulse für die Gleichstellungs-, Familien- und Migrationspolitik.
Buchbesprechung durch Vanessa Rüegger, erschienen in der AJP/PJA 4/2014
"Die gedankliche Lösung vom herkömmlichen Modell kann erst in Utopien gelingen, die nur mittelbar am pragmatischen Ziel ihrer rechtlichen Anerkennung ausgerichtet sind. Denn auch das zeigt die Publikation auf: Die Strategie, die lediglich die Anpassung bestehender rechtlicher Normen fordert, wird den bereits gelebten Lebensformen langfristig kaum gerecht. Daraus folgt die Notwendigkeit, vom geltenden Recht unabhängige Utopien zu formulieren. Erst auf dieser Grundlage kann eine Pluralität an Lebensformen in einem ideell anders ausgerichteten Kontext tatsächliche rechtliche Anerkennung finden. ... Wer sich sowohl aus praktischer, als auch aus theoretischer und ideeller Sicht für einen wissenschaftlich fundierten, eigenständigen, interdisziplinären, umfassenden und aktuellen Zugang zu Fragen rechtlicher Anerkennung unterschiedlicher Lebensformen interessiert, wird in dieser Publikation fündig." Link zur Buchbesprechung.
Buchbesprechung durch Juana Remus, erschienen in: Familie Partnerschaft Recht 2013
"Mit seiner interdisziplinären Perspektive und der Anknüpfung an europa- und menschenrechtliche Fragestellungen eröffnet der Sammelband auch Akteuren im deutschen Rechtssystem die Möglichkeit, die Rechtswirklichkeit kritisch zu reflektieren und mit Hilfe der entworfenen Utopien jenseits der aktuellen politischen Realisierbarkeit neue Strategien und Lösungsansätze im Rechtsdiskurs zu finden." Link zur Buchbesprechung.