Drei hängige Verfahren betreffend Umkleidezeit in Spitälern im Kanton Zürich

SCHWEIZ, ZÜRICH: ARBEITSRECHT

Gastbeitrag von Markus BISCHOFF, Rechtsanwalt, Zürich

Umkleiden ist Arbeitszeit! Diesen Grundsatz anerkennen im Kanton Zürich immer mehr Spitäler und haben entschieden, die Umkleidezeit in Zukunft zu entschädigen. Die Umsetzung wird von der Gewerkschaft vpod als ungenügend bezeichnet, weil nicht die volle Umkleidezeit entschädigt wird. Die Umsetzung erfolgt in verschiedenen Varianten. So hat ein Spital entschieden, die bisherige fakultative Pause als obligatorisch zu erklären. Alle Spitäler haben sich aber bis anhin geweigert, rückwirkend die Umkleidezeit zu entschädigen. Deswegen sind drei verschiedene Rechtsverfahren hängig, welche nicht deckungsgleich sind, weil die Rechtslage jeweils anders ist.
Am fortgeschrittensten ist das Verfahren gegen das Spital Limmattal. Verschiedene Gemeinden sind Träger des Spitals und in einem Zweckverband organsiert. Der Zweckverband ist öffentlich-rechtlicher Natur und hat den denselben Status im Kanton Zürich wie eine kommunale Verwaltung. Massgebend ist das Personalrecht, welches der Träger des Spitales, der Spitalverband Limmattal, erlassen hat. Das Arbeitsgesetz ist für die Frage der Arbeitszeit wie in der öffentlichen Verwaltung nicht anwendbar. Eine Definition des Begriffes Arbeitszeit findet sich im Personalrecht des Spitalverbandes nicht. In den Rechtsschriften wurde argumentiert, gemäss Rechtsprechung und Lehre sei Arbeitszeit jene Zeit, für welche die Arbeitnehmerin sich inner- oder ausserhalb des Betriebes für das Bedürfnis des Arbeitgebers zu Verfügung halten muss. Der Bezirksrat Dietikon und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich haben die Begehren von vier Rekurrierenden abgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat im Urteil vom 24. Juni 2020 im Wesentlichen argumentiert, der Spital Limmattal sei wie die Gemeinden frei in der Gestaltung des Personalrechts. Der Begriff «Arbeitszeit» sei im Personalrecht sowie im subsidiär anzuwendenden kantonalen Personalrechts nicht definiert. Deshalb sei nicht zu beanstanden, wenn gemäss bisheriger gelebter Praxis die Umkleidezeit nicht als zu bezahlende Arbeitszeit zu behandeln sei. Damit habe das Spital den ihm zustehenden Spielraum nicht überschritten. Gegen dieses Urteil ist Beschwerde beim Bundesgericht in Luzern erhoben worden. Weil es um die Auslegung von kantonalem Recht geht, prüft das Bundesgericht allerdings nur, ob die Auslegung des Verwaltungsgerichts willkürlich, d.h. offensichtlich unhaltbar ist. Argumentiert wurde im Wesentlichen, wenn der Begriff «Arbeitszeit» nicht näher definiert sei, müsse er nach den üblichen Auslegungsregeln ausgelegt, und es dürfe nicht auf die gelebte Praxis abgestellt werden. Es sei willkürlich, von der Praxis auf das Gesetz zu schliessen. Die Auslegung des Begriffes «Arbeitszeit» ergebe, dass überall dieser Begriff als Zurverfügungstellung von Zeit zu Gunsten oder im Auftrag des Arbeitgebers versandt werde. Weil Umkleidezeit im Interesse und auf Weisung des Arbeitgebers geleistet werde, habe diese Zeit als Arbeitszeit zu gelten. Arbeitszeit sei generell zu entschädigen. Es gebe zwar Arbeitszeit wie Pikett- oder Bereitschaftsdienst, welche zu einem geringeren Ansatz entschädigt werde könne, doch sei der Grundsatz - Zeit gegen Lohn - im gesamten Arbeitsrecht derart zentral, dass nicht davon abgewichen werden könne.

Beim Universitätsspital Zürich (USZ) haben 113 Personen die Nachzahlung der Umkleidezeit verlangt. Das USZ ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt und das Arbeitsgesetz ist vollumfänglich anwendbar. Das USZ hat es mit dem Verweis auf die Bestimmungen des kantonalen Personalrechts, welche den Begriff der Arbeitszeit nicht definieren sowie mit dem Hinweis auf die bisherige Praxis, abgelehnt, die Umkleidezeit zu bezahlen. Gegen die abweisende Verfügung wurde Rekurs an den Spitalrat erhoben. Der Rechtsweg geht hernach an das Verwaltungsgericht und schliesslich an das Bundesgericht in Luzern.

Zehn Mitarbeitende haben beim Arbeitsgericht Bülach eine Klage auf rückwirkende Auszahlung der Umkleidezeit gegen das Spital Bülach eingeleitet. Der Spital Bülach ist eine AG. Das Arbeitsgesetz ist vollumfänglich anwendbar. Massgebend ist das Obligationenrecht. Der erste Schriftenwechsel ist erfolgt. Ende Januar 2021 findet die Hauptverhandlung vor dem Arbeitsgericht Bülach statt. Die Gegenseite argumentiert im Wesentlichen, die Nichtbezahlung der Umkleidezeit sei vom Personal immer akzeptiert worden. Dies zeige, dass es Konsens gewesen sei, die Umkleidezeit nicht zu bezahlen. Sodann müsse zwischen Arbeitszeit- und Entlohnungszeit unterschieden werden. Es gebe durchaus auch Arbeitszeiten, welche bereits im Lohn enthalten und nicht zusätzlich zu entschädigen seien. Gegen das Urteil kann Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich und hernach Beschwerde an das Bundesgericht in Lausanne erhoben werden.

Direkter Zugang zum Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich