Leihmutterschaft

SCHWEIZ, ZÜRICH: FAMILIENRECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT

Verwaltungsgericht Zürich, 14. Mai 2020 (VB.2019.00829, VB.2019.00833)

Eine schweizerisch-türkische Doppelbürgerin und ihr türkischer Ehemann haben ihren Wohnsitz in Zürich. Sie leidet an einer seltenen Fehlbildung und kann deshalb keine Kinder austragen. Im Jahr 2018 hat das Ehepaar in Georgien mit einer georgischen Staatsangehörigen einen Leihmutterschaftsvertrag abgeschlossen.
Sowohl Samen- wie auch Eizelle(spenden) für die Befruchtung und darauffolgende Schwangerschaft stammen vom Ehepaar. 2019 wurden die Zwillinge geboren. Das Ehepaar reist kurz danach mit den Zwillingen in die Türkei, die dort als rechtliche Kinder des Ehepaars registriert werden. In der Schweiz wird vom Gemeindeamt, das für die Transkribierung zuständig ist, das Kinder-Elternverhältnis zwar zum genetischen Vater anerkannt, aber (einseitig) zur genetischen Wunschmutter nicht; stattdessen wird die georgische Leihmutter eingetragen, mit der Begründung, dass sich die Elternrechte nicht auf ein georgisches Gerichtsurteil, sondern nur auf eine georgische Geburtsurkunde stützen.

Kommentar von Sandra Hotz: Die kantonalen Urteile zur Anerkennung resp. Transkription von Kind-Elternrechten bei Geburten im Ausland häufen sich, wobei die Gerichte ihren Interpretationsspielraum im Sinne des Kindeswohls sehr unterschiedlich nutzen. Teilweise kommt es zu durchaus zukunftsweisenden rechtlichen Würdigungen bspw., dass der Vater mit Unterzeichnung eines Leihmutterschaftsvertrags die Kinder pränatal anerkennt nach Art. 260 ZGB (E. 4.5.2.1). Warum dies aber für die nachgewiesenermassen genetische Wunschmutter aus Gleichbehandlungsgründen und analog nicht auch möglich sein soll, wo doch die gebärende (Leih)Mutter nachweislich auf ihre Elternrechte verzichtet hat, wie dies auch eine gebärende Frau in der Schweiz, die ihr Kind zur Adoption frei gibt, tun kann (Art. 256a ZGB), ist fraglich.

Dagegen hat das Verwaltungsgericht Solothurn mit Entscheid vom 18. Dezember 2019, VWBES.2019.213 in einem Fall von Einelternschaft des genetischen Schweizer Vaters entschieden, dass die gebärende US-Leihmutter nicht als rechtliche Mutter im Schweizer Personenstandregister eingetragen werden müsse, weil laut dem zu anerkennenden US-Gerichtsurteil (judgement to terminate parental rights) gestützt auf das Minnesota Statute § 260.301, subd. 1 (a) die (Leih)Mutter explizit auf ihre Elternrechte verzichtet hatte. Damit widerspreche das amerikanische Urteil nicht der Schweizer Mater-sempter-certa-est-Regel (Art. 252 ZGB) und damit dem Ordre public (E. 5.5).
 
Fraglich ist nach diesem Zürcher Urteil 2020 auch, was im Sinne eines favor recognitionis und im Sinne des Kinderwohls als ausländische Entscheidungen gemäss Art. 70 IPRG qualifiziert werden soll und kann, wenn das formelle ausländische Gesetz kein Gerichtsurteil für die Feststellung der Elternrechte vorsieht, sondern die Geburtsregistereinträge die einzige Norm sind.
 
Zunehmend einheitlich scheint sich im Sinne von Art. 7 UN-KRK indes zu etablieren, dass die gebärende Mutter und die Eizellenspenderin als genetische Mutter (sofern sie nicht anonym ist) in jedem Fall zur Wahrung der Rechte des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft eingetragen werden muss.


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