Familiennachzug einer Person, die über einen flüchtlingsrechtlichen Schutzstatus in einem Dublin-Mitgliedstaat verfügt.
SCHWEIZ: ASYLRECHT
Bundesverwaltungsgericht, 25. September 2019 (E-4639/2017), BVGE 2019 VI/3
Verfügt eine Person bereits in einem anderen Dublin-Mitgliedstaat über einen asylrechtlichen Schutzstatus, regelt sich der Familiennachzug nach den allgemeinen Regeln des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG).
Die aus Eritrea stammende Familie hatte sich während der Flucht aus den Augen verloren. Frau und Kinder hatten in der Schweiz Asyl erhalten, der Mann in Italien. Die Migrationsbehörde wies das Gesuch um Familiennachzug unter anderem wegen der Gefahr der Sozialhilfeabhängigkeit ab. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wies das Gesuch um Asyl ab, nahm den Beschwerdeführer aber vorläufig auf. Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt der Betroffene, in die Flüchtlingseigenschaft und ins Asyl seiner Ehefrau eingeschlossen zu werden.
Hat eine Person bereits in einem anderen Dublin-Mitgliedstaat Schutz als Flüchtling und Asyl erhalten, so steht dies als «besonderer Umstand» im Sinne des Art. 51 Abs. 1 AsylG dem Einbezug in das Familienasyl entgegen. Das Familienasyl ist nämlich subsidiär und muss hinter der originär festgestellten Flüchtlingseigenschaft zurückstehen. Die Flüchtlingsanerkennung in einem europäischen Staat des Schengen-Raums führt auch in der Schweiz dazu, dass die betreffende Person als jemand gilt, der bereits ein Asylverfahren zur Feststellung seiner originären Flüchtlingseigenschaft durchlaufen hat. Der Familiennachzug von Personen, die in Dublin-Mitgliedstaaten bereits einen flüchtlingsrechtlichen Schutzstatus (Flüchtlingseigenschaft und Asyl) erhalten haben, zu ihren in der Schweiz asylberechtigten Familienmitgliedern ist daher nicht von den Asylbehörden, sondern von den fremdenpolizeilichen Behörden nach den Regeln des Ausländerrechts (AIG und Art. 8 EMRK) zu behandeln.
Das SEM ist folglich auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers zu Recht nicht eingetreten und hat das Gesuch um Einbezug in das Familienasyl zu Recht abgewiesen. Allerdings hatte es die vorläufige Aufnahme verfügt, was gemäss Bundesverwaltungsgericht systemwidrig ist. In Vermeidung einer reformatio in peius ist die angeordnete vorläufige Aufnahme zu schützen. Der Entscheid der Vorinstanz ist demnach im Ergebnis nicht zu beanstanden und zu Recht ergangen.
Direkter Zugang zum Urteil (bvger.ch)