Diskriminierende Regelung der Wiederaufnahme ins Genossenrecht 

SCHWEIZ: DISKRIMINIERUNG 

Bundesgericht, 2. September 2022 (5A_427/2022)

Sachverhalt
Die Beschwerdegegnerin erhielt als Tochter eines Genossen und einer Genossin und als Bürgerin der Gemeinde Unterägeri infolge Geburt das Genossenrecht der Korporation Unterägeri (Beschwerdeführerin). Die Beschwerdegegnerin verlor dieses sodann im Jahr 1980 gemäss damaligen Statuten infolge Heirat. Dies, da sie durch die Heirat das Bürgerrecht von Unterägeri verlor und entsprechend auch das Genossenrecht. 

Die Beschwerdegegnerin stellte im Jahr 2018, nach Abänderung der Statuten im Jahr 2017, einen Antrag auf Eintrag in das Genossenregister der Korporation, welcher abgelehnt wurde. Das Verwaltungsgericht Zug hiess die Beschwerde der Beschwerdegegnerin gut und ordnete die Korporation an, die Beschwerdegegnerin wieder ins Genossenregister aufzunehmen. Die Korporation erhob gegen diesen Entscheid Beschwerde beim Bundesgericht.  

Entscheid
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und folgt der Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach «die Statuten des Beschwerdeführers wegen der festgelegten zeitlichen Beschränkung des Abstammungsnachweises auf die Dauer des Genossenregistereintrags der Eltern zu einer indirekten Diskriminierung der Beschwerdegegnerin führten, für die es keine sachliche Begründung gebe» (E. 5.3). Die Beschwerdeführerin sei als Korporationsgemeinde eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und daher an die Grundrechte gebunden. Die neuen Statuten seien zwar geschlechtsneutral formuliert, resultierten aber in einer Schlechterstellung der Beschwerdegegnerin, u.a. gegenüber männlichen verheirateten Nachkommen, die das Genossenrecht nie verloren haben. Für die Schlechterstellung der Beschwerdegegnerin bestünden sodann keine sachlichen Gründe. 

Direkter Link zum Urteil (bger.ch)

Gender Law Newsletter 2022#04, 01.12.2022