Kommentar zum Gleichstellungsgesetz (3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage)

SCHWEIZ: GLEICHSTELLUNGSGESETZ

2022

Claudia KAUFMANN / Sabine STEIGER-SACKMANN (Hrsg.), Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, 3. A., Basel 2022.

Gastbeitrag von Claudia KAUFMANN, Dr. iur. Dr. h.c., ehm. Ombudsfrau der Stadt Zürich und  Sabine STEIGER-SACKMANN, RA Dr. iur., Dozentin für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht an der ZHAW
 
Ausgangslage
Das Gleichstellungsgesetz (GlG) ist auch nach 25 Jahren seit seinem Inkrafttreten selbst in juristischen Kreisen zu wenig bekannt. Dies ist mit ein Grund, weshalb es in Betrieben, aber auch von Anwält:innen und Gerichten noch immer zu selten und zu wenig konsequent angewendet wird. Die Neuauflage des Kommentars geht auf diese Tatsache an mehreren Stellen ein. Sie zeigt anhand der aktualisierten Praxis die heutigen Schwächen, die sich namentlich im Verfahrensbereich zeigen, auf und stellt konkrete erforderliche Verbesserungen vor (z.B. die Einführung der Leistungsklage bei der Verbandsbeschwerde, die Ausweitung der Beweislasterleichterung auf Anstellung und bei sexueller Belästigung sowie die Einführung eines Behördenklagerechts in Lohngleichheitsfragen).
 
Konzeptionelle Weiterentwicklung des Gleichstellungsrechts
An der Zweckbestimmung des GlG hat sich nichts verändert: Nach wie vor geht es darum, überkommene und tradierte Geschlechterrollen, -erwartungen und -zuschreibungen zu bekämpfen, um bestehende Diskriminierungen abzubauen und die tatsächliche Gleichstellung zu ermöglichen. Jedoch haben sich neue Fragestellungen entwickelt, denn wie jedes Gesetz ist auch das GlG ein Kind seiner Zeit. Dies betrifft namentlich zwei konzeptionelle Weiterentwicklungen, auf welche die Neuauflage näher eingeht: Zum einen die Anerkennung des Konzepts der Mehrfachdiskriminierung (Intersektionalität), also der mehrdimensionalen Diskriminierungsrealitäten, und seiner Bedeutung für die Auslegung des Gleichstellungsrechts. Zum andern wurde beim Erlass des Gesetzes die klassische binäre Zuordnung der Geschlechter Frau und Mann vorausgesetzt. Es fehlte weitestgehend das Bewusstsein für den engen, teils untrennbaren Zusammenhang mit sämtlichen Faktoren der sexuellen Orientierung und gänzlich für denjenigen mit der Geschlechtsidentität. Ein entsprechend limitiertes Verständnis führt dazu, seinerseits Stereotypen festzuschreiben bzw. zu zementieren und damit die Diskriminierung von Menschen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu befördern und diese Personen auszugrenzen. Der Kommentar zeigt auf, wie – entgegen dem entsprechenden Bundesgerichtsentscheid von 2019 – eine Berücksichtigung dieses Konzepts mit der Zielsetzung und zeitgemässen Auslegung des Gesetzes konform gehen kann.
 
Gesetzesrevision 2021 und europäische Entwicklung
Nicht zuletzt setzt sich die Neuauflage kritisch mit der Entstehung und dem Inhalt der Revision des GlG von 2021, nämlich die Einführung von beschränkten und zeitlich befristeten Lohnanalysen, auseinander und geht im umfangreichen Kapitel zum Europäischen Recht auf dessen neueste Entwicklungen ein.

Direkter Link zum Buch (helbing.ch)

Gender Law Newsletter FRI 2022#2, 01.06.2022 - Newsletter abonnieren