Neues Selbstbestimmungsgesetz

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Gender Law Newsletter FRI 2024#3, 01.09.2024 - Newsletter abonnieren

DEUTSCHLAND: VERABSCHIEDUNG EINES BUNDESGESETZES

Gastbeitrag von Rebecca Rohm

Am 21. Juni 2024 wurde das vieldiskutierte deutsche Gesetz zur Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) verkündet. In seiner Gesamtheit tritt es am 1. November 2024 in Kraft.

Der Entwurf dieses Gesetzes wurde letztes Jahr im Newsletter 2023#3 dargelegt und kommentiert. Die Anmeldung beim Standesamt zur Änderung des Namens- oder Geschlechtseintrags kann inzwischen seit dem 1. August 2024 erfolgen (§ 15 Abs. 2 SBGG). Da die Änderungserklärung drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden muss, können Menschen theoretisch zügig nach Inkrafttreten des Gesetzes im November den Termin zur Änderung wahrnehmen.

Auch wenn der bisher erforderliche menschenunwürdige Prozess zur Änderung des Geschlechtseintrages durch Gutachten im Grundsatz abgeschafft wurde, gibt das Gesetz dennoch Anlass zu Kritik. Leider ist trotz starker Einwände von Fachverbänden und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen zum einen der sog. Hausrechtsparagraf (§ 6 Abs. 2 SBGG) Teil des letztlich beschlossenen Gesetzes geblieben. Zum anderen wurde auch § 1 Abs. 3 SBGG nicht gestrichen. Dieser nimmt Menschen ohne gesicherten Aufenthalt, also insbesondere Personen im laufenden Asylverfahren, abgelehnte Asylbewerber*innen in gerichtlichen Widerspruchsverfahren sowie alle weiteren Personen ohne Aufenthaltstitel mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland aus dem Schutzbereich aus. Dies ist im Hinblick auf deren besondere Vulnerabilität und die Pflicht der Staaten aus Art. 8 EMRK, allen Menschen Zugang zu schnellen, transparenten und zugänglichen Verfahren zur Korrektur des Geschlechtseintrags zur Verfügung zu gewährleisten, problematisch.

Da keine substanziellen Veränderungen am Gesetz vorgenommen wurden, bleibt also trotz massgeblicher Verbesserungen der fade Beigeschmack der Unterstellung missbräuchlicher Anwendung des Gesetzes durch trans und nicht-binäre Personen. Dies zeigen deutlich sowohl der Hausrechtsparagraf als auch § 9 SBGG, nach dem im Verteidigungsfall die Zuordnung zum männlichen Geschlecht vorübergehend bestehen bleiben soll, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Spannungs- oder Verteidigungsfall erfolgt.

Direkter Zugang zum Gesetz (https://www.recht.bund.de)